Die Schuggeler - gestern und heute
„Schuggeler - helau“ - so lautet der Eybacher Narrenruf. Da stellt sich natürlich schnell die Frage, was mit „Schuggeler“ gemeint ist. Irgendwo steht zu lesen, das seien - ins Hochdeutsche übersetzt - “Tagediebe und Herumtreiber.“ Nicht grade schmeichelhaft. Doch man kann das natürlich heutzutage auch sehr optimistisch interpretieren - mit „Schaffigen und „Weltoffenen“.
Egal, wie: An Fasching ertönt der Ruf seit Jahrzehnten. Einst durch die alte Turnhalle - und seit 1982 durch die neue. Aber wann hat das mit der Narretei in Eybach angefangen? Wollte man’s jenen in der Umgebung - im Goißa-Täle oder in Donzdorf - nachahmen, oder gar den Mainzern, die ja in den 60er Jahen durchs Fernsehen deutschlandweite Publizität gewonnen haben? So genau lässt sich das nicht feststellen. Jedenfalls ist aus den eher bescheidenen Anfängen das jährlich größte gesellschaftliche Ereignis Eybachs geworden. Gleich nach dem Huttanz.
Im Rahmen der Recherchen zur Ortschronik anlässlich des 750jährigen Bestehens von Eybach, stießen die Autoren auf einen Faschingsumzug bereits im Jahre 1900, bei dem die damals sehr umstrittene Trinkwasserversorgung glossiert wurde. Die ersten Kappensitzungen und Bälle gab es in den 1920er Jahren - vor allem nach dem Bau der aus heutiger Sicht alten Turnhalle (die in den Langwiesen stand).
Mit Witz und Humor, so hieß es, nahm der Lehrer und spätere Rektor von Horb, Emil Bomm, das Dorfgeschehen auf die närrische Schippe.
Veranstalter dieser Faschingsunterhaltung war der Turnverein. Der war es dann auch, der 1950 in der „prächtig geschmückten Turnhalle“ den ersten großen Faschingsball veranstaltete. Motto: „Jahrmarkt unter dem Himmelsfelsen“.
1963 wurde dann die Funkengarde gegründet - und auch die ersten „richtigen“ Büttenredner traten auf. Der 29. Januar 1967 gilt als der „Geburtstag“ der heutigen Prunksitzungen - mit Eberhard Preßmar (lange Zeit TVE-Vorsitzender) als dem ersten Präsidenten. Und Karl Keller, Dirigent des Gesangvereins „Cäcilia“, stieg als „Sankt Klufamichel“ in die Bütt.
In den Folgejahren herrschte jedes Mal drangvolle Enge in der altersschwachen Turnhalle. Die Kapelle saß abseits des vorderen Bühnenrands auf einem erhöhten Podest. Noch enger als im Saal ging’s an der Bar zu - einem ziemlich finsteren Dachgeschoss-Raum, der nur über eine Treppe rechts der Bühne zu erreichen war. Feuerwehr- und hygientechnisch ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Aber auch hier gilt, rückblickend gesehen: Alles ist gut zu seiner Zeit.
Eberhard Preßmar
Im November 1979 wurde alles anders: Nach langem Hickhack mit der Stadt Geislingen, die den Bau einer neuen Turn- und Festhalle bis 1975 im Eingemeindungsvertrag zugesichert hatte (den Termin aber mangels Finanzen nicht hatte einhalten können), war im Wiesental endlich mit einem Neubau begonnen worden. Einweihung: November 1980. Damit konnte in der Faschingssaison 1981 die erste Prunksitzung in der Eybtalhalle stattfinden - noch mit Präsident Eberhard Preßmar. Dieser gab den Präsidiums-Posten 1982 an Manfred Bomm ab, der zuvor schon jahrelang als „Graf vom Himmelsfelsen“ in die Bütt gestiegen war. Er glossierte diese „Traditionsfigur“ weiterhin - und zwar bis 2006, als er dann auch das Amt des Präsidenten an Dietmar Keller abgab, der es bis Ende 2021 behielt.
Seither steht Dominic Vida dem Elferrat vor.
Manfred Bomm
"Graf vom Himmelsfelsen"
Unterbrochen wurde die lange Reihe der jährlichen Punksitzungen 1991 aufgrund des Irak-Krieges, als auch viele andere Faschingsgesellschaften keinen Grund zur Fröhlichkeit mehr sahen. Weitere Absagen gab es (wegen der Corona-Pandemie) in den Jahren 2021 sowie auch noch 2022, in dem mit einem Faschingstreffen am sogenannten Maibaumplatz zaghaft wieder ein bisschen Faschingsstimmung vermittelt wurde.
Doch die Prunksitzung ist nicht die einzige Aktivität zur Faschingszeit: Am Rosensonntag trifft man sich auf der Eybacher Hütte, am Rosenmontag zu einem Ball in der Eybtalhalle - und am Faschingsdienstag findet dort der Kinderfasching statt. Auch das Aufstellen eines Narrenbaums bei der Eybtalhalle zum Start in die närrische Zeit soll erwähnt sein.
Mit der Eybtalhalle waren dem Elferrat ganz neue Perspektiven eröffnet worden - insbesondere im Hinblick auf das Bühnenbild, das über viele Jahre hinweg eine überdimensionale Narrenkapp’ zeigte. Nun aber wurde es einem jährlich wechselnden Motto angepasst. Besonders hervorgetan hat sich einstens Manfred Kimmel, der tagelang großflächige Bilder malte, die bei passender Gelegenheit teilweise noch heute hervorgeholt und benutzt werden (wie etwa die Schloss-Fassade).
Wie alles, so ist auch der Fasching im Laufe der Zeit einem Wandel unterworfen. Aus reinen Gardetänzen wurden phantasievolle Showtänze, die Zahl der Büttenredner ist Schwankungen unterworfen - und bisweilen mag manchen Besucher die Art und Lautstärke der Musik an eine Disco erinnern. Das Interesse an der Prunksitzung ist jedoch ungebrochen und nahezu alle Plätze werden verkauft - zumal die etwas lockere Bestuhlung dem Bedienungspersonal mehr Freiräume zugesehen musste. Damit wird man garantiert auch allen Sicherheitsvorschriften gerecht, die man in früheren Zeiten, als die Halle „proppenvoll“ war, nur unter erschwerten Bedingungen hatte einhalten können. Nicht selten fieberte der Elferrat noch am Vormittag der Prunksitzung dem Urteil der Feuerwehr entgegen, ob denn nicht viel zu viel Besucherstühle aufgestellt waren. Der großen Nachfrage nach Eintrittskarte wegen, hatte man nämlich die Tischreihen mit zusätzlich angebrachten Zwischen-Brettern „verlängert.“ Was hatte man doch für ein Glück, dass Notausgänge nie gebraucht wurden!
Der Turnverein und sein Elferrat waren (und sind) jedenfalls in der glücklichen Lage, noch immer auf ein großes Stammpublikum vertrauen zu können.
Aus nah und fern übrigens.
Schuggeler helau!
Manfred Bomm
Manfred Bomm
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